Eindrücke von meiner ersten Besucher:innenfahrt vom 19. und 20. Mai 2022
Clara, die jüngste Teilnehmerin der letzten Besucher:innenfahrt berichtet über die beiden Tage in Berlin:
„Mir hat beim Programm am besten die Führung in der „Gedenkstätte Deutscher Widerstand – Stille Helden“ gefallen. Aber dazu später! Am ersten Tag der Besuchsfahrt waren wir schon ziemlich früh in Berlin und haben direkt am Holocaust-Mahnmal geparkt. Wenn man nicht weiß, was das ist, könnte man etwas ganz anderes vermuten, vielleicht ein Denkmal für Kriegsopfer oder einfach nur Kunst!
Aber wenn man weiß, was das ist und da rein geht zwischen die Stelen, dann ist das schon echt überwältigend, weil es dort ja auch so düster ist, man kriegt einfach so den Trauer-Flow – das ist echt gut gestaltet. Und gleichzeitig sind uns da die Kinder aufgefallen, die im Labyrinth Fangen und Verstecken gespielt haben: Die waren halt zu klein, um zu wissen, um was es da geht, vielleicht waren sie auch nicht interessiert. (In meiner Klasse interessieren sich auch viele nicht mehr für das Thema Nationalsozialismus und Verfolgung. Die jüngeren Generationen haben die Zeit ja nicht erlebt, auch die Eltern nicht. Vielleicht erzählen die Großeltern etwas über die Zeit; aber Menschen, die das alles miterlebt haben, leben ja meist nicht mehr. Man kann das ja nur wirklich nachempfinden, wenn man selbst so was Schreckliches erlebt hat.) Ich fand das ganz schön, dass die Kinder an so einem Ort gelacht und gespielt haben und ihren Spaß hatten, die müssen ja nicht von Trauer überwältigt werden. Sie sind ein bisschen so was wie ein Neuanfang – es geht weiter trotz der vielen Ermordeten und es sollte anders und besser weitergehen als damals und nicht die Fehler wiederholt werden.
Nachmittags waren wir in der Ausstellung Deutscher Widerstand, die in dem Gebäude ist, wo auch der Widerstand/Attentat von den Militärs geplant worden ist und wo auch viele im Hof erschossen wurden. Mich hat am meisten der Widerstand, den Jugendliche in Gruppen geleistet haben, interessiert, besonders die Gruppe der „Edelweißpiraten“. Der Historiker, der uns geführt hat, hat alles toll erklärt, unkompliziert und doch ausführlich, aber er hat immer alles auf den Punkt gebracht, das war wichtig, weil es unglaublich viele Infos gab. Am Schluss hat er mir noch ein Buch über die Jugendlichen im Widerstand geschenkt.
Bei der Fahrt zum Hotel hat unser Reiseführer viel erklärt – wir haben den riesigen Bayer-Komplex gesehen – wir haben erfahren wie wenig Wohnfläche es in Berlin noch gibt, im Gegensatz zu den Dörfern, wo wir z.T. herkommen. Da gibt es zwar noch Wohnungen, aber keine Arbeitsplätze.
Am nächsten Morgen waren wir schon ziemlich früh an der Sicherheitskontrolle zum Reichstagsgebäude – alles ging dann schnell. Das Gebäude ist überwältigend, einfach weil es so riesig ist. Außen so ein alter Bau und wenn man reinkommt, ist alles Hightech und modern. Und kommt man in den Plenarsaal, dann ist der gar nicht so riesig, wie er im Fernsehen aussieht. Er erscheint nur durch die Kameraeinstellungen so riesengroß. Das ist irgendwie lustig: Man kommt rein und denkt, man ist im falschen Raum gelandet.
Der Besuchervortrag im Plenarsaal des Bundestags war wirklich gut, weil die Referentin nicht alles runtergerattert hat, sondern mit Witz und Humor erzählt hat, z.B. dass der riesige Bundesadler an der Wand von den Abgeordneten liebevoll „Fette Henne“ genannt wird, so was wusste ich vorher nicht. Auch hat sie geduldig alle Fragen beantwortet.
Und dann die Kuppel! Ich fand die alte Kuppel (erbauen lassen von Wilhelm II., sie wurde ja 1945 stark beschädigt und musste abgerissen werden) viel schöner, weil sie ja eigentlich viel besser zu dem alten Gebäude passte und auch schon damals fast ganz aus Glas und goldenen Trägern bestand und auch den damaligen Plenarsaal erhellt hat. (Quelle: Sendung mit der Maus – Der Reichstag)
Als aus dem Reichstag der Bundestag werden sollte, kam da die neue Glas-Spiegel-Kuppel drauf. Sieht man alles von weiter weg, sieht es ganz schön aus, als ich aber direkt neben der Kuppel auf dem Dach stand, fand ich, dass das irgendwie falsch ist und sie nicht zu den alten Türmen passt.
In der Kuppel rumzugehen ist aber total cool, weil man einen so schönen Blick auf Berlin hat – und immer wieder einen anderen Blick. Krass ist auch, dass durch die Kuppel des Reichstags das Regierungsgebäude (das Parlament) mit den meisten Besuchern weltweit ist.
Das Gespräch danach mit Karo war auch richtig gut, weil wir einen Einblick in das Leben einer Politikerin bekommen haben. So was kriegt man ja sonst gar nicht mit. Man denkt immer, wenn man die im Fernsehen sieht, dass das solche Super-Menschen sind, die kein eigenes Leben führen, aber das war da ganz anders. Karo hat noch ein Privatleben, muss alles genau einteilen, damit sie arbeiten, aber gleichzeitig auch noch ein Mensch sein. Nur so kann man einen solchen Job „überleben“!
Richtig schön war bei den Fahrten durch Berlin, dass wir an so vielen berühmten Gebäuden vorbeigekommen sind und alles richtig gut sehen konnten: Das Brandenburger Tor, die Siegessäule mit der goldenen Viktoria – mit goldenem Rock von vorne und von hinten, die Synagoge, die Gebäude mit staatlicher Funktion. Wir sind überall ziemlich dicht dran vorbeigefahren.
Bei der Fahrt mit dem Bus durch Berlin hat Konrad Körner, unser Reiseführer, uns alles erklärt. Und da fand ich das Botschaftsviertel total cool, weil dort so viele verschiedene Architekturstile aufeinandertreffen, verschiedeneFassaden-Farben, verschiedene Kulturen, alles sieht unterschiedlich aus und das fand ich wundersch ön. Und wenn man da so durchfährt, merkt man die Macht, die von diesen Gebäuden ausgeht, wie stark die Macht der einzelnen Staaten ist, die von diesen Gebäuden repräsentiert wird.
Bei der Stadtführung am Freitagnachmittag sind wir auch zur Museumsinsel gekommen, richtig gut, nur der Name ist ein bisschen schnöde für all das, was man an Gebäuden sieht mit einem Baustil, der einfach von den Griechen oder Römern geklaut ist. Zuerst dachte ich, ich bin im falschen Land, für mich sah es aus, als wäre ich gerade in Griechenland und nicht in Berlin, Deutschland. Nur die Spree, die ein bisschen müffelt und die dunkle Gesteinsfarbe der Gebäude waren nicht so passend.
Beim nächsten Besuch würde ich gerne in die Museen auf der Museumsinsel gehen, aber witzig fände ich auch das Wachsmuseum Madame Tussaud und beim Bud-Spencer-Museum hätten sich auch grüne Fans gefunden. Allerdings bräuchten wir wohl mehr als 2-3 Tage für alles.
Berlin soll ja bei unserem Besuch an Christi Himmelfahrt und am Freitag nicht so voll gewesen sein. Es wurde uns gesagt, es seien recht wenig Touristen da gewesen und die Berliner waren anscheinend nicht in Berlin. Aber für mich waren das trotzdem sooo viele Menschen. Ich würde nicht in Berlin leben wollen, auch wenn die Fahrt unglaublich toll war, auch die Führung durch Alt-Spandau.
Das Programm war insgesamt sehr umfangreich, aber überhaupt nicht langweilig. Und weil wir immer lecker was zu essen bekamen, haben wir auch alles sehr gut geschafft.
Danke an alle, die sich um uns gekümmert haben: Simone, Falk, Karo, Konrad und an unseren coolen Busfahrer Alexander!“