Zum 9. November

Heute ist der 9. November, der 85. Jahrestag der Reichspogromnacht. Dieser Tag erinnert uns daran, dass Antisemitismus in unserem Land niemals wieder geduldet werden darf. Das ist der Auftrag, den uns unsere nationalsozialistische Vergangenheit gibt. 

Dieser Auftrag bedeutet im Kontext aktueller Ereignisse aber auch: Wir schützen Jüdinnen und Juden immer. Wir treten für sie ein, wenn eine Studie zu Rassismus und Antisemitismus bei der Polizei gefordert wird. Wir treten für sie ein, wenn Teile der Linken alle Jüdinnen und Juden als Kolonialisten Palästinas bezeichnen. Wir treten für sie ein, wenn ein Rechtsextremer in Halle in eine Synagoge eindringen will und versucht, sie zu ermorden. Und wir treten auch für sie ein, wenn im Zuge von Pro-Palästina-Demos Häuser, in den Jüdinnen und Juden wohnen, mit Davidsternen „markiert“ werden.

Wer nur im letzten Fall für Jüdinnen und Juden eintritt, erweckt den Eindruck, dass es ihm gar nicht um den Schutz jüdischen Lebens geht, sondern um die Instrumentalisierung von Juden und Jüdinnen gegen Muslim:innen. Das ist perfide. In einem Land, in dem der größte Teil antisemitischer Straftaten von Rechten begangen wird, ist es populistisch, Antisemitismus mit Rassismus bekämpfen zu wollen.

Der Sinn der Erinnerung an den 9. November und den Holocaust ist es nicht, Deutschland zu loben, wie toll es sich erinnert und wie toll es sich zu einer Demokratie entwickelt hat. Der Sinn dieser Erinnerung ist es, Kontinuitäten aufzudecken und unbequeme Diskussionen zu führen. Um mit Max Czollek zu schließen: „Juden und Jüdinnen sind keine Geschenke, schon gar nicht an Deutsche. Und sie sind nicht wegen, sondern trotz dieser Deutschen und ihrer Geschichte hier.“