Dem Landkreis Lüchow-Dannenberg ist ein Meilenstein in der Mobilitätswende gelungen: ein kostenfreies Jugendticket! Mit Beginn des neuen Schuljahres können alle Schüler:innen, Auszubildenden und Freiwilligendienstleistenden den Lüchow-Dannenberger ÖPNV umsonst nutzen. Wie es zu diesem Erfolg kommen konnte, schilderte uns im Kurz-Interview Julie Wiehler, grüne Fraktionsvorsitzende und Vorsitzende des Ausschusses für Klima und Mobilität.
Wie ist die Idee für das kostenfreie Jugendticket entstanden?
Die Idee kam aus der Verwaltung selbst, soweit uns bekannt, durch eine Besprechung zwischen Frau Harlfinger-Düpow [Leiterin des Fachdiensts Mobilität] und der Landrätin Dagmar Schulz. Hintergrund hierbei war der festgestellte hohe und kostenintensive organisatorische Aufwand bei der Ermittlung und Erstellung der bisherigen Schülertickets, der damit ja wegfällt. Für die Idee unterstützend war sicherlich, dass die große Mehrheit des Kreistages die Rolle des ÖPNV im Landkreis stärken will. Die Idee wurde zuerst im zuständigen Klima und Mobilitätsausschuss vorgestellt, wo wir Grüne (konkret: ich) den Vorsitz haben. Hierzu hatte es im Vorfeld Gespräche mit der Landrätin und mir bezüglich der geschätzten Erfolgsaussichten gegeben. Der Ausschuss arbeitet parteiübergreifend sehr engagiert und auch mutig in den Entscheidungen, so dass ich die Erfolgsaussichten als gut einschätzen konnte. Die Empfehlung im Ausschuss fiel dann auch einstimmig aus.
Wie ist die Finanzlage im Landkreis Lüchow-Dannenberg allgemein?
Grundsätzlich sehr angespannt. Der Landkreis befindet sich in der Entschuldungsphase aus dem Zukunftsvertrag mit dem Land Niedersachsen, mit der Folge, dass freiwillige Leistungen auf 1,25 % des jährlichen Gesamthaushaltes gedeckelt sind. Eine aktuelle Entspannung ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass eingeplante Personalstellen in der Verwaltung nicht besetzt werden konnten.
Musstet ihr für die 20.000 Euro Mehrbelastungen Kürzungen an anderer Stelle vornehmen?
Das Land hatte angekündigt, freiwillige Leistungen mit klimaschützendem Effekt von der vorgenannten Deckelung auszunehmen. Wir Grüne hatten die Verwaltung zu dieser Klarstellung seitens des Landes aufgefordert und dann einen Antrag der Soli/Linke unterstützt einen Betrag von 300.000,00 EUR für Klimaschutzmaßnahmen pauschal im Haushalt 2023 einzustellen. Aus diesem Betrag konnten die Mehrkosten übernommen werden.
War es eher eine eine Abstimmung zwischen Politik und Verwaltung oder gab es große Aufmerksamkeit/Unterstützung seitens der Öffentlichkeit?
Der Abstimmungsprozess fand im Wesentlichen zwischen Verwaltung und Politik statt.
Wie lief der Prozess bis zum finalen Kreistagsbeschluss?
S.o. Der finale Beschluss fiel allerdings nicht im Kreistag, sondern im nichtöffentlich tagenden Kreisausschuss, da dieser zuständig war. Dabei wurde der Beschluss nach Beratung dahingehend erweitert, dass auch Sekundarstufe II und Azubis sowie Freiwilligendienstleistende kostenlos fahren dürfen. Die Mehrkosten sind damit auch eher bei 70.000,00 Euro anzusiedeln, die aber vom oben genannten Klimatopf gedeckt sind. Im Kreistag selbst haben wir dann noch einen weiteren Beschluss gefasst, wonach alle Menschen, die im Landkreis gemeldet sind und ihre Fahrerlaubnis freiwillig abgeben, ebenfalls umsonst mit dem ÖPNV fahren dürfen. Wir zielen damit natürlich in erster Linie auf ältere Menschen ab, aber es soll sich niemand ausgeschlossen fühlen :). Hierfür wurde mit weiteren Mehrkosten von ca. 10.000,00 EUR gerechnet, die aus einem pauschal für Verkehrssicherheit einbehaltenen Anteil aus Blitzereinnehmen finanziert werden sollen. Der Beschluss wurde ebenfalls im Ausschuss Klima und Mobilität vorbereitet.