Wie geeint ist ein Land, wenn 20 % der Menschen in Umfragen angeben, die AfD zu wählen und nur noch knapp über 50 % der Menschen angeben, dass sie sich nicht vorstellen können, jemals der AfD ihre Stimme zu geben? Wie geeint ist ein Land, in dem laut der aktuellen Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung 8,3 % der Deutschen ein manifest rechtsextremes Weltbild haben?
Wir müssen feststellen, dass gerade Menschen mit geringen Einkommen zunehmend das Vertrauen in demokratische Prozesse verlieren. Dort, wo Menschen sich vom Staat alleingelassen fühlen, wo ihr Lohn nicht reicht, um ein gutes Leben zu führen und wo kommunale Infrastruktur verfällt statt ausgebaut zu werden, verlieren Menschen das Vertrauen in die Politik und staatliche Institutionen. In Ostdeutschland, wo Infrastruktur und Einkommen noch immer krass eindeutig Westdeutschland hinterher hinken, ist der Trend noch eindeutiger.
Und hier sehen die Rechtspopulisten ihre Chance, ein „Wir gegen Die“, also meistens „Deutsche gegen Migranten“ aufzumachen und die Leute so glauben zu lassen, dass Einwander:innen Schuld an ihren Problemen sind statt der Staat und ein Wirtschaftssystem, dass sich aus der Verantwortung zieht.
Das sind natürlich nicht alleinige Gründe für ein Erstarken der Rechtsextremen. Aber eine Politik, die nicht weiter den Boden bereitet, ist jetzt notwendig! Wir müssen dringend in Bildung, Daseinsvorsorge, gute Arbeitsbedingungen und höhere Löhne für alle investieren und in einer von Transformationen geprägten Zeit nicht die Transformationen verschlafen, sondern Sicherheit geben.
Die Autorin Mely Kiyak hat diese Woche geschrieben: „Das permanente Zitieren, Reproduzieren und Skandalisieren von rechtsextremer Politik und Rhetorik aus Judikative, Exekutive und Legislative sowie der Kultur, ist falsch, kontraproduktiv und apolitisch. Gegen Radikalisierung von Rechts in diesem Stadium hilft nur Radikalisierung von Links. […] Es funktioniert aber genau andersherum. Die demokratischen Parteien suchen die parteipolitische Anschlussfähigkeit an die Faschisten.“